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ERSTER B100-TAG DES SEV

«WIR SIND LOKFÜHRER UND MÖCHTEN ALS SOLCHE ANERKANNT WERDEN!»

B100-Lokführer:innen der SBB wollen sich besser organisieren und vermehrt gemeinsam für ihre Anliegen kämpfen. 35 Lokführer der Kategorie B100 trafen sich am 1. Juni im Hotel Olten zum ersten schweizweiten B100-Tag des SEV. Sie fordern mehr Wertschätzung für ihre Arbeit und bessere Arbeitsbedingungen in allen Arbeitsbereichen, wo sie tätig sind.

B100-Lokführer der SBB diskutieren und vernetzen sich am 1. Juni 2022 in Olten.

«Wir müssen uns horizontal organisieren», erklärte SEV-Gewerkschaftssekretär René Zürcher gleich zu Beginn des Treffens. «Mit anderen Worten, wir gründen keinen neuen Unterverband, sondern wir müssen uns über die Grenzen unserer bestehenden Unterverbände hinweg organisieren.» B100-Lokpersonal gibt es nämlich in fast allen SEV-Unterverbänden. In Olten kam etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden vom BAU, aber auch LPV, RPV, TS und AS waren vertreten. Nicht nur, was die gewerkschaftliche Organisation betrifft, gibt es zwischen den B100-Lokführer:innen Unterschiede, sondern auch, was ihren Arbeitsalltag und ihre Arbeitsbedingungen betrifft. Vor allem aber arbeiten sie in unterschiedlichen Divisionen und Bereichen der SBB. Darum es ist es für sie nicht einfach, sich gemeinsam zu organisieren. Deshalb wurde in Olten versucht, eine Auslegeordnung zu machen.

HOHE ANFORDERUNGEN, FEHLENDE WERTSCHÄTZUNG

Nicht alle B100-Lokführer:innen sind in der Funktion «Triebfahrzeugführer:in B100» angestellt, sondern es gibt am B100-Tag auch Kollegen, die als Monteure arbeiten und noch eine Zusatzfunktion B100 haben. Unterschiede gibt es folglich auch bei den Anforderungsniveaus, also bei der Entlöhnung. Und es kommt darauf an, wo man bei der SBB angestellt ist. Bei SBB Cargo gibt es ab dem nächsten Jahr ein neues Berufsbild «Lokführer:in Cargo Kat. B100» (siehe auch Artikel zu neuer Laufbahn), dank dem Cargo-B100-Lokführer:innen neu vom Anforderungsniveau F ins G aufsteigen können, wenn sie den sogenannten Dreiklang abolviert haben, d. h. die drei Ausbildungen Betriebliche Zuguntersuchung (BZU), Prüfer Wagenladung (PWL) und Funkfernsteuerung (FF). Anders ist die Situation bei der Infrastruktur: Die Leitung des Bereichs Verfügbarkeit und Unterhalt (VU) hatte dem B100-Lokpersonal einen Marktausgleich von 3000 Franken zugesprochen. Hingegen bei der Intervention haben die B100-Lokführer:innen diesen Marktausgleich nicht bzw. noch nicht erhalten. Darum reichten sie eine Petition ein, worauf Gespräche aufgenommen wurden, um die Situation zu klären (siehe Artikel Petition gegen Ungleichbehandlung). Beim Personenverkehr sind die B100Lokführer:innen im Lokführerlohnsystem integriert und kommen in den Genuss von dem, wovon andere bis jetzt nur träumen können.

Trotz Verbesserungen in gewissen Arbeitsbereichen herrscht vielerorts Unzufriedenheit. «Es wird immer mehr verlangt, was die Ausbildung betrifft, aber die Löhne stagnieren», moniert ein Kollege. «Manchmal wünschten wir uns, die Leute vom HR würden mal einen Tag bei uns mitlaufen, um eine Vorstellung zu erhalten, wie unser Arbeitsalltag aussieht», sagt ein anderer Kollege. Oft fehle es an Perspektiven, wenn man das Maximum der Lohnkurve erreicht habe. Kein Wunder, werden B100-Lokführer:innen von privaten Unternehmungen abgeworben, gerade jüngere, denn bei diesen Unternehmen verdienen sie schnell einmal mehrere Tausend Franken mehr. Lokführer:innen der Kategorie B100 sind auf dem Arbeitsmarkt nämlich gesucht, auch hier herrscht Fachkräftemangel.

«WIR SIND LOKFÜHRER!»

Gemeinsam ist allen B100-Lokführer:innen, dass sie oft Schlüsselfunktionen in ihrem Arbeitsbereich einnehmen. Ohne sie würde wohl bei der SBB alles stillstehen. Doch ebenso gemeinsam ist den meisten B100, dass sie trotzdem ständig um Anerkennung kämpfen müssen, dass die Wertschätzung fehlt. «Wir möchten als Lokführer anerkannt werden. Denn wir sind Lokführer», sagt ein Kollege kämpferisch.

Ein wichtiger Schritt zu Verbesserungen für alle B100-Lokführer:innen bei der SBB ist die Vernetzung, die an diesem Tag in Olten stattfand. Ein weiterer Schritt könnte die Formulierung von gemeinsamen Forderungen sein – beispielsweise, dass B100-Lokführer:innen überall der Aufstieg ins Anforderungsniveau G möglich sein muss.

«Höhere Löhne von heute auf morgen können wir im Moment nicht versprechen», sagte SEV-Gewerkschaftssekretär René Zürcher am Schluss der Tagung. «Wir stehen erst am Anfang. Aber es ist der Anfang von etwas wichtigem Neuem.» Der erste B100-Tag des SEV war punkto Vernetzung ein Erfolg. Diese Vernetzung soll nun weitergehen, und ein zweiter schweizweiter B100-Tag steht ebenfalls schon fest, nämlich am 5. Juni 2023.

Michael Spahr

Was sind B100-Lokführer:innen?

Bei der SBB und SBB Cargo sind rund 700 Mitarbeitende in einer Funktion oder in einer Zusatzfunktion als B100-Lokführer:innen angestellt. Die Kategorie B100 bedeutet, sie dürfen Rangierbewegungen durchführen und Züge führen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Angestellt sind sie in verschiedenen Divisionen der SBB und bei SBB Cargo. Auch in konzessionierten privaten Transportunternehmungen sind B100-Lokführer:innen angestellt.

Die Führerausweise und Bescheinigungen der Kategorie B100 berechtigen auch zum Führen von Triebfahrzeugen auf den Strassenbahnnetzen.